Initiativgruppe
vom Zölibat betroffener Frauen
Erfahrungen > Katharina (48 Jahre)
"Geliebt zu
werden macht uns stark, zu lieben macht uns mutig". Dieser Spruch des
chinesischen Philosophen Laotse, stand auf der Einladung zu unserer Hochzeit.
Er könnte nicht besser passen zu uns, zu unserer Beziehungsgeschichte und zu
der Entscheidung, die wir nach 18 Jahren heimlicher Beziehung getroffen haben.
Im Rückblick auf diese 18 Jahre frage ich mich oft, wie
ich das ausgehalten habe. Und wenn ich heute in alten Tagebüchern blättere,
denke ich oft: Wahnsinn!
Was hat mich in dieser Beziehung mit so denkbar
schwierigen Rahmenbedingungen gehalten? Die Gewissheit, dass er die Liebe
meines Lebens ist. So kitschig und klischeehaft das klingen mag – nach jeder
Krise, nach jeder Funkstille und Beziehungspause haben wir beide gemerkt, dass
es miteinander nicht einfach ist, ohne einander aber gar nicht geht. Es hat
einfach gepasst zwischen uns und die gemeinsame Zeit hat uns gutgetan.
Einmal, als die Beziehung wirklich auf der Kippe stand,
weil ich mich in einen anderen Mann verliebt hatte und mein Partner dadurch
plötzlich verstanden hat, dass er um mich kämpfen will und muss, da haben wir
eine bewusste Entscheidung füreinander getroffen. Wir haben uns zugesagt, dass
unsere Beziehung für uns beide eine Verbindlichkeit hat. Mir hat das geholfen,
die Beziehung nicht bei jeder kleinen Krise in Frage zu stellen.
Im Lauf der Jahre hatten wir uns ganz gut eingerichtet.
Ich hatte mich an die Situation gewöhnt, wenn ich auch nie wirklich damit
versöhnt war. Die Frage, ob er sein Amt aufgibt, stand immer mal wieder im
Raum, aber eine wirklich ernsthafte Option war es lange nicht. Wir hätten beide
einfach nicht gewusst, wie das konkret gehen könnte, zumal ja auch ich selbst
im kirchlichen Dienst war und meine Arbeit – die ich immer geliebt habe –
verlieren würde.
Irgendwann haben wir eine Paartherapie begonnen und damit
kam etwas in Bewegung. Wir haben gelernt, nochmal ganz anders miteinander zu
reden, nicht zu verstummen, wenn es schwierig wird. Wir haben offen über unsere
Bedürfnisse und Wünsche gesprochen und so ist die Entscheidung gereift, den
großen Schritt doch zu wagen, unsere Beziehung öffentlich zu machen und
schließlich zu heiraten.
Für mich war dabei immer wichtig, dass mein Partner diese
Entscheidung aus freien Stücken trifft und sie nicht mir zuliebe in Kauf nimmt.
Gleichzeitig war unser Vertrauen in unsere Liebe, ins Leben und auch in Gott so
groß, dass es letztlich eine Befreiung war, diesen Schritt zu gehen. Die Ängste
und Bedenken waren nicht mehr übermächtig, wir waren uns einfach sicher, dass
es gut gehen wird.
Heute nach knapp 6 Jahren Ehe bin ich sehr versöhnt mit
der langen Zeit der heimlichen Beziehung und unendlich dankbar, dass wir diesen
Schritt gewagt haben. Wir genießen den Alltag miteinander, haben beide
beruflich gut Fuß gefasst und wissen, es ist gut so wie es ist.