Bericht vom Treffen im März 2024
Zum diesjährigen Treffen verabredeten wir uns in einem
wunderschönen Bildungshaus, das sogar durch die Umgebung für angenehmes
Herunterkommen und Erholung sorgte. „Betroffen“ waren einige Frauen zudem durch
den bundesweiten Bahnstreik, sodass wir uns letztlich zu fünft dort einfanden.
Zunächst hat das für Irritation und leichte Enttäuschung gesorgt, waren die
vorherigen Treffen doch besser besucht. Auch geplante Impulse, z. B. zur
Biographiearbeit blieben erst einmal aus, da die Vorbereiterin es nicht zum
Treffen schaffte.
Beim ausgiebigen Abendessen wurde jedoch deutlich,
dass es Unmengen an Redebedarf gab und wir vor lauter Mitteilungsfreude kaum
den Weg aus der Mensa in den Gruppenraum fanden. Schnell war klar, die
Überschaubarkeit der Runde war nur fürs Erste ein kleiner Dämpfer. Die Vorzüge
zeigten sich: es gab keine Untergruppenbildung zu unterschiedlichen Themen,
sondern alle hatten Anteil an dem, was jeweilige Frau zu erzählen hatte. Dazu
stimmte die Sympathie untereinander, es herrschte eine Offenheit, von der alle
in ihrer jeweiligen Situation profitierten – sei es nach einer schon lange
zurückliegenden Partnerschaft, der frischen Verliebtheitsphase,
Herausforderungen mit dem aufgezwungenen heimlichen Rahmen der Partnerschaft
oder das „sich irgendwann miteinander arrangiert haben“. Diese offene, mutige
Gesprächsatmosphäre sorgte für das wohlwollende und tragende Miteinander, was
so oft im Alltag jeder Einzelnen fehlt, da nicht jede so frei und vertraut über
ihre ganz spezielle Situation sprechen kann.
Am Ende arbeiteten wird heraus, wie wichtig es ist,
als Frau „Kante“ zu zeigen, sich nicht weichspülen zu lassen von den starren
Ketten dieser bereits hinkenden Institution Kirche oder von persönlichen
Bedrückungen innerhalb der Partnerschaft. Vernetzung untereinander innerhalb
dieser oft schweren Situation scheint nach wie vor wichtigster Dreh- und
Angelpunkt zu sein aus dem wir viel Kraft schöpfen können.
In der gemütlichen Runde ergaben sich unter anderem
Gespräche über einige Texte von Hermann-Josef Coenen (selbst Priester), die wir
für unsere Situation sehr stimmig beschrieben fanden. Obwohl die Texte schon
weit über 30 Jahre alt sind, haben diese im Kern immer noch Bestand. Einer soll
hier seinen Platz finden:
VOM ZÖLIBAT BETROFFENE FRAUEN
Da sind zunächst mal die
Priestermütter betroffen
voll Stolz und zärtlicher
Liebe zu ihrem Sohn,
der ihrem unscheinbaren Leben
Bedeutung gibt.
Mehr als der Beruf, als ihr
Mann und die anderen Kinder.
Keine andere Eva wird ihr
dies Kind je rauben.
Der Verzicht auf Enkel wird
dadurch dreifach bezahlt.
Dann sind da die
Haushälterinnen. Früher, als sie
noch römische Kragen waschen
und stärken mussten,
ein erstrebenswerter Beruf.
Ansehen im Dorf,
viele Kontakte am Telefon, an
der Haustür.
Entschädigung für ein mageres
Gehalt.
Aber nur Magd, nicht
Gesprächspartnerin,
so will es das Kirchenrecht.
Lebensgefährtin –
das doch nicht. Heute, da
viele Pfarrer selbst
die Waschmaschine und
Mikrowelle bedienen,
eher ein aussterbender Beruf.
Maria, die Mutter Jesu,
Martha, die ihn bewirtete,
Susanna, die ihn
unterstützte,
Maria aus Magdala, die ihn
liebte…
Lauter Frauen, die betroffen
waren von Jesus,
ganz tief getroffen und
betroffen.
Aber vom Zölibat waren sie
nicht betroffen.
Pastoralreferentin. Kollegin
im zweiten Glied.
„Nur“ Frau in der Kirche.
Nicht geweiht
wie ihr Dienstvorgesetzter
„von Gottes Gnaden“.
Vielmehr abhängig von
Hochwürdens Gnade. Je nach dem,
welchen Freiraum ihr Chef ihr
einräumt,
oder welche ihm lästigen
Aufgaben er ihr überträgt:
im Büro, in der Kinder- und
Jugendarbeit.
Selten als ernst genommene
Mit-arbeiterin im Team.
Selten ein wirklich gutes
Gespann. Und wenn,
dann beginnt man in der
Gemeinde zu tuscheln.
Und da sind die Frauen, die
einen Priester lieben.
Ob er diese Liebe erwidert
oder nicht,
in jedem Fall gibt es
Probleme. Auch dann,
wenn der Anstoß von ihm
kommt.
Einen kirchengeschädigten
Mann auftauen
aus seiner Gefühlsarmut, aus
seinem schlechten
Gewissen, aus seinen
Pascha-Allüren…
Wer kann das schon? Wer hält
das durch?
Und sie bleibt seine
Zweit-Frau. Seine erste
große Liebe ist und bleibt
„Mutter Kirche“.
Dazu die eigenen
Schuldgefühle, das Versteckspiel,
das ewige Warten, das
Aufschieben einer Entscheidung,
Angst vor der Reaktion der
Verwandten, der Freunde,
der Behörde. Beruflich neu
anfangen in diesem Alter!
Finanzielle Sorgen…
Und wenn es gelingt, wenn
diese schwierige Liebe
gelingt und reift und erblüht
und Frucht trägt:
Um welch teuren Preis ist sie
erkauft.
Nicht Jesus ist es, der
diesen Preis fordert!
Coenen, Hermann Josef (1993): Vom Zölibat betroffene
Frauen (S. 42f.), in: Und dennoch bleibe ich. Düsseldorf: Patmos-Verlag